Rundes Jubiläum: Opel-Fahrräder feiern 130. Geburtstag

01.09.2016


Rüsselsheim.  Runder Geburtstag für das Zweirad: Opel feiert in diesem Jahr das 130‑jährige Jubiläum seiner Fahrradproduktion, die in der frühen Unternehmensgeschichte eine wichtige Rolle für den Aufstieg der Marke gespielt hat. Denn nach dem Bau des ersten Hochrads im Frühjahr 1886 stieg Opel in den 1920er-Jahren zum weltweit größten Fahrradhersteller auf. Selbst die 1929 einsetzende Wirtschaftskrise konnte das erfolgreiche Fahrradgeschäft nicht stoppen. Dennoch verkaufte Opel den Unternehmenszweig im Dezember 1936 an NSU, um sich voll und ganz auf die Automobilproduktion zu konzentrieren.

Rund 75 Jahre später kehrte Opel wieder zu seinen Fahrradwurzeln zurück – ein wenig zumindest: Mit dem RAD e stellte der Rüsselsheimer Hersteller 2012 eine umweltfreundliche Designstudie vor, die eine Brücke von der Tradition in die Gegenwart schlug. Das elektrisch betriebene Fahrrad war zugleich ein Ausblick auf den „Drahtesel“ der Zukunft. Denn in Zeiten von Urbanisierung und alternativer Mobilität wird E-Bikes in künftigen Konzepten eine zunehmend wichtige Rolle vorhergesagt.

Geschäftsreise nach Paris lässt Adam Opel umdenken

23 Jahre nach der Firmengründung – bis dato hatte Opel ausschließlich Nähmaschinen produziert – kam Adam Opel 1885 von einer Geschäftsreise aus Paris zurück. Vor seinem Besuch in der französischen Hauptstadt hielt er Hochräder für „eine neumodische Spielerei. Eine Modeerscheinung, die genauso schnell wieder vorüber gehen wird, wie sie gekommen ist“. Eine Aussage, die nach dem Paris-Besuch nur noch Schnee von gestern war. Inspiriert vom dort florierenden Handel mit Hochrädern und unter dem Eindruck des Bicycle Booms in England, hatte Opel eine Idee. Er ließ sich Einzelteile von der Insel liefern und begann zur Freude seiner Söhne mit dem Bau des ersten Hochrads. 1886 verkaufte Opel das erste Exemplar – und die unternehmenseigene Fahrradproduktion startete.

Bereits ein Jahr später begann Opel mit der Fabrikation von Dreirädern und Niederrädern, den sogenannten Safeties. Ein solches Sicherheitsrad hatte sein Sohn Karl von einer Studienreise über die Fahrradproduktion aus dem englischen Sheffield mitgebracht. Das Safety hatte zwei nahezu gleich große Räder und war nun wesentlich einfacher zu fahren als das Hochrad, außerdem war schon die Fallhöhe um einiges geringer. Fasziniert von den großen Menschenmassen bei englischen Radrennveranstaltungen, ging Karl nach seiner Rückkehr bei einem Rennen im Frankfurter Palmengarten an den Start – und fuhr auf Anhieb den Sieg ein.

Aufstieg zum größten Fahrradhersteller der Welt

Nun ging es Schlag auf Schlag. Karl brachte von dem ersten Sieg in Frankfurt gleich fünf Fahrradbestellungen mit nach Hause, zahlreiche weitere Rennerfolge hatten immer neue Aufträge zur Folge. Allein das Jahr 1889 brachte 240 Rennsiege, darunter 13 Meisterschaften, die auf Opel-Fahrrädern gewonnen wurden. Für die nationale Anerkennung der Opel-Räder sollte der 20. Juli 1889 zu einem Meilenstein werden. An jenem Tag gewann August Lehr, einer der erfolgreichsten Rennfahrer dieser Zeit, auf seinem Opel-Hochrad die „Meisterschaft der Welt“ in London – ein Sieg, der den englischen Einfluss auf die Fahrradindustrie bremste und den Opel-Rädern Rückenwind bescherte. Symbolisch für die Originalität und den Unternehmergeist der Opel-Brüder ist ein Foto aus dem Jahre 1895, das sie alle auf einem Sondermodell mit fünf Sitzen – dem „Quintuplet“ – in Szene setzte.

Auch die folgenden Jahre verliefen erfolgreich. 1899 bauten die Opel-Söhne – Vater Adam war 1895 verstorben – zwar das erste Automobil, das Fahrradgeschäft forcierten sie aber weiterhin. Bis in die 1920er-Jahre verpflichteten sie regelmäßig die weltbesten Radrennfahrer, die reihenweise Siege auf Opel-Rädern einfuhren. Weil die Nachfrage nach den Zweirädern weiter zunahm, stellten die Rüsselsheimer bald ihre Produktion grundlegend um: 1923 führte Opel als erstes deutsches Unternehmen die Fließbandfertigung für seine Fahrradproduktion ein. Nun lief alle sieben Sekunden ein neues Rad vom Band. Die sinkenden Produktionskosten drückten auch die Anschaffungskosten für die Kunden und machten das Fahrrad für weite Teile der Bevölkerung zu einem erschwinglichen Fortbewegungsmittel. So dauerte es nicht lange, bis Opel 1925 zum größten Fahrradhersteller der Welt aufstieg und ein Jahr später das millionste Opel-Fahrrad vom Band lief.

Umdenken in den 1930er-Jahren: Opel verkauft das Fahrradgeschäft an NSU

In den folgenden Jahren musste das aufstrebende Unternehmen jedoch einige Rückschläge verkraften. Nach dem Tod der Opel-Söhne Karl und Heinrich in den Jahren 1927 und 1928 gerieten die Brüder Wilhelm und Fritz wegen der nun doppelt zu zahlenden Erbschaftssteuer in finanzielle Nöte. Als das Geld zur Renovierung der zuvor stets ausgelasteten Produktionsanlagen fehlte, schauten sich Wilhelm und Fritz Opel nach einem Käufer um. Zu diesem Zeitpunkt kam ein Übernahmeangebot von General Motors, dem weltgrößten Automobilhersteller, gerade recht. Im September 1929 wurde I.J. Reuter als erster Amerikaner zum Generaldirektor von Opel ernannt, die Brüder Wilhelm und Fritz Opel wurden Mitglieder des Aufsichtsrates.

Nur einen Monat später, am 29. Oktober 1929, stellte sich der Verkauf als äußerst weise Entscheidung heraus. Der als „Schwarzer Freitag“ in die Geschichte eingegangene Crash an der New Yorker Börse trieb unzählige Firmen in den Bankrott. Der florierenden Opel-Fahrradproduktion konnte die jahrelange Wirtschaftskrise aber aus mehreren Gründen wenig anhaben: Erstens war die GM-Tochter gut gerüstet in die Krise hineingegangen, zweitens herrschte nach dem Ende der Wirtschaftsflaute ein erhöhter Bedarf an Fahrrädern und drittens sank die Zahl der Beschäftigungslosen durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, sodass sich immer mehr Personen ein Fahrrad leisten konnten.

Doch bei den Herstellern standen alle Zeichen längst auf Automobilproduktion: „Um alle verfügbaren Kräfte für die Motorisierung freizumachen, der wir uns nunmehr mit aller Energie widmen wollen“, so die Unternehmensleitung, entschied sich der Vorstand und Aufsichtsrat der Adam Opel AG, das Fahrradgeschäft Ende 1936 an NSU zu verkaufen. Am 15. Februar 1937 lief das letzte Opel-Fahrrad vom Band und beendete eine mehr als 50-jährige Tradition mit rund 2,6 Millionen gefertigten Drahteseln.

Verbindung von Tradition und Innovation: Die umweltfreundliche Studie RAD e

Fast auf den Tag genau 75 Jahre später kehrte Opel zu seinen Wurzeln zurück. Die umweltfreundliche Designstudie RAD e feierte im März 2012 ihre Premiere auf dem Genfer Automobilsalon. Im Jahr des 150-jährigen Bestehens der Marke ließen sich die Konstrukteure dabei von einem historischen Fahrzeug inspirieren, dem Opel-Motorrad Motoclub 500 von 1928. Denn wie bei dem Oldtimer, dessen Popularität auch auf seine feuerroten Reifen zurückgeht, besteht der Rahmen des RAD e aus einigen Pressstahlelementen. In der Formensprache der Fahrradstudie finden sich zudem Designelemente von zwei Opel-Pkw: Der Bumerang-förmige Rahmenschwung ähnelt stark dem Frontdesign von Ampera und Zafira Tourer.

Vom ersten Hochrad hin zum Konzept RAD e: Die Opel-Fahrradtradition hat seit 1886 einen langen Weg zurückgelegt. Verändert haben sich in dieser Zeit aber nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die gesellschaftlichen Bedürfnisse: Gerade weil heute immer mehr Menschen in den Städten wohnen, gehört einer möglichst vielfältigen Mobilität die Zukunft. Darum befindet sich auch ein Hersteller wie Opel im permanenten Wandel. Mit der Carsharing Community „CarUnity“, der Mitfahrplattform „flinc“ und ersten Schritten hin zum autonomen Fahren ergänzt auch Opel ständig sein klassisches Portfolio – hin auf dem Weg zum Mobilitätsanbieter.

Opel-Chef Dr. Karl-Thomas Neumann ist ein bekennender Fahrradfan. Erst kürzlich hat er sich für die Erstausgabe der neuen Fachzeitschrift Bike Bild mit Redakteuren am Feldberg im Taunus getroffen, um gemeinsam mit den Journalisten für eine coole Story kräftig in die Pedale zu treten. Das Ergebnis ist seit dem 31. August in der neuen Bike Bild nachzulesen.