Die großen Drei von Opel – 50 Jahre Kapitän, Admiral und Diplomat

19.03.2014

 

Rüsselsheim/Essen.  KAD – dieses Kürzel ist nicht nur Kennern der Marke Opel ein Begriff. Kapitän, Admiral und Diplomat definierten in den 1960er und 70er Jahren als „die großen Drei“ die automobile Oberklasse von Opel. Auf der 26. Techno-Classica in Essen (26. bis 30. März) feiert die traditionsreiche Marke den Geburtstag ihrer Oberklasse: Kapitän, Admiral und Diplomat werden 50 Jahre alt.

Im März 1964 kam die KAD-Reihe auf den Markt. Bei identischen Karosserien in moderner, geradliniger Formgebung definierten sie sich über Ausstattung und Motorisierung. Im Frühjahr 1969 folgten die neuen Modelle der B-Reihe, die mit modernster Fahrwerkstechnik und geglätteten Formen Maßstäbe in ihrer Fahrzeugklasse setzten. Die Brücke zum Heute schlägt Opel auf der Techno-Classica mit dem Insignia Sports Tourer OPC – auch das aktuelle Topmodell aus Rüsselsheim wird in Essen zu sehen sein. Und wie in den Jahren zuvor präsentiert sich Opel Classic zusammen mit der Alt-Opel-Interessengemeinschaft, dem größten Opel-Markenclub weltweit.

Opel Classic präsentiert zehn Modelle aus zwei Generationen

Opel zeigt in Essen die gesamte Bandbreite der KAD-Baureihen A und B. Der Kapitän A mit 2,6‑Liter-Sechszylinder markierte 1964 den Einstieg in die Oberklasse. Vom seltensten Vertreter der Baureihe, dem Kapitän mit dem optionalen 4,6-Liter-V8-Motor des Diplomat, entstanden nur 113 Stück. Auch ein rarer Admiral V8 aus der Rüsselsheimer Sammlung von Opel Classic ist in Essen zu Gast. Das ebenfalls ausgestellte Diplomat A V8 Coupé zählte 1965 zu den schnellsten Serienwagen Deutschlands. Der 25.500 Mark teure, bei Karmann gebaute Zweitürer „für Reisende von Rang“ erreichte dank seines V8-Motors mit 5,4 Litern Hubraum und 230 PS eine Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h.

Zu den Vertretern der B-Baureihe gehören jeweils ein Kapitän und Admiral mit 2,8-Liter-Motor sowie ein Diplomat 2800 E, dessen Sechszylinder als einer der ersten in Deutschland eine elektronische Benzineinspritzung aufwies. Komplettiert wird der Messeauftritt durch einen Diplomat V8 mit 5,4-Liter-Motor sowie zwei ganz spezielle Varianten des Flaggschiffs: Der Diplomat V8 mit langem Radstand wurde während des Staatsbesuchs von US-Präsident Gerald Ford im Juli 1975 benutzt und gehört zur Sammlung von Opel Classic. Aus Privatbesitz stammt das viertürige Diplomat 2.8 E Cabriolet, das 1970 als eines von vier Fahrzeugen zu Repräsentationszwecken bei Karmann umgebaut wurde.

Die großen Drei aus Rüsselsheim

Im Frühjahr 1964 ordnet Opel seine Oberklasse neu und nimmt nach 20-jähriger Unterbrechung wieder die Kunden von Luxus-Limousinen ins Visier. Kapitän, Admiral und Diplomat heißen „die großen Drei“, wie das Unternehmen wirbt, deren repräsentatives und geradliniges Design den stilistischen Vorbildern der amerikanischen Konzernmutter General Motors folgt. „Neue Sachlichkeit“ nennen Formgestalter und Design-Kritiker die Stilrichtung, die eine Abkehr von Blechbarock und Ornamentik in sich trägt. Der Aufbau des gestreckt und fortschrittlich gezeichneten Trios aus Rüsselsheim ist identisch: Mit 4,95 Metern Länge und 1,90 Metern Breite erreicht die Karosserie der Opel-Oberklasse eine neue Dimension – Opel zeigt Größe.

Während der Kapitän als der meist verkaufte deutsche Sechszylinder-Pkw eine Neuauflage erfährt und der luxuriös ausgestattete Admiral an den Erfolg des bekannten Vorkriegsmodells mit gleichem Namen anknüpft, stellt der Diplomat das neue Topmodell dar. Mit der Erweiterung des Sortiments nach oben ist Opel der einzige deutsche Hersteller, der seinen Kunden eine komplette Produktpalette anbietet: Von Kadett über Rekord, Kapitän und Admiral bis hin zum Diplomat findet jeder Käufer das passende Fahrzeug.

Die Rangfolge in der Oberklasse ergibt sich aus Ausstattung und Motorisierung. Als einziger Vertreter der Baureihe besitzt der Kapitän eine vordere Sitzbank und ist damit als Sechssitzer zugelassen; die anderen beiden Modelle verfügen vorn über Einzelsitze.

Kapitän und Admiral kommen mit dem bekannten, 100 PS starken 2,6-Liter-Sechszylindermotor, der erstmals mit wartungsfreien Hydrostößeln ausgerüstet ist. Neu ist bei beiden Modellen ein vollsynchronisiertes, am Lenkrad geschaltetes Vierganggetriebe. Eine sportliche Mittelschaltung oder die Zweistufenautomatik sind gegen Aufpreis lieferbar. Ein modernes Zweikreisbremssystem und Scheibenbremsen an der Vorderachse gehören zum Serienumfang.

Beim Diplomat stammt der Motor aus Amerika: Ein V8-Triebwerk mit 4,6 Litern Hubraum und 190 PS beflügelt das Flaggschiff der Baureihe. Während Kapitän und Admiral eine Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h erreichen, beschleunigt der Diplomat in elf Sekunden von null auf 100 km/h und ist gut für 200 km/h Spitze. Luxus, Eleganz und Temperament zeichnen das Topmodell aus: Im Innenraum dominieren tiefe Teppiche, dicke Polster, Echtholzfurnier am Armaturenbrett sowie ein Bandtacho, der bis 250 km/h reicht. Vinyldach, Liegesitze, vier elektrische Fensterheber, von innen verstellbare Außenspiegel und Fußraumleuchten im Fond sind weitere exklusive Ausstattungsdetails, auch hydraulische Lenk- und Bremshilfen sowie Nebelscheinwerfer sind serienmäßig.

Ausweitung und Aufwertung der Modellpalette

Ein Jahr nach dem Debüt der KAD-Baureihe erweitert Opel das Angebot. Ab Frühjahr 1965 sind Kapitän und Admiral wahlweise mit dem 4,6-Liter-V8 und der Automatik des Diplomat erhältlich. Das der Leistung angepasste Fahrwerk mit verstärkten Gelenkwellen, Achsen, Rädern, Reifen und Bremsen ist im Preis von 14.740 beziehungsweise 15.950 Mark inbegriffen. Kapitän und Admiral V8 bleiben Modelle mit Sonderstatus: Vom Kapitän werden nur 113, vom Admiral 622 Stück gebaut.

Kurze Zeit später wertet Opel die Basisversionen der Baureihe auf. Kapitän und Admiral erhalten einen neu entwickelten CIH-Sechszylinder mit 2,8 Litern Hubraum. Mit seiner seitlich im Kopf liegenden Nockenwelle (CIH = Camshaft In Head) teilt sich der laufruhige, kurzhubige Reihenmotor ein Konstruktionsmerkmal mit dem 1965 im Rekord B vorgestellten Vierzylinder. Als S-Version leistet das neue Aggregat 125 PS, die Höchstgeschwindigkeit steigt auf 170 km/h. Zum Modelljahr 1968 ist auf Wunsch auch eine stärkere Variante mit 140 PS verfügbar.

Einen ganz speziellen Admiral 2.8 S stellt Opel 1965 dem Deutschen Museum in München zur Verfügung. Das in 5.000 Arbeitsstunden zum Schnittmodell umgebaute Exponat erlaubt einen Blick auf Karosseriestruktur und Technik und ersetzt das Kapitän-Ausstellungsstück von 1952. Auch ein von Karmann gebautes Diplomat Cabriolet auf Coupé-Basis sowie eine vom Karosseriebauer Vogt gebaute siebensitzige Langversion bleiben Einzelstücke.

Für Reisende von Rang

Im Juli 1965 erhält die Oberklasse aus Rüsselsheim Zuwachs in seiner elegantesten Form. Beim Karosseriebauer Karmann in Osnabrück läuft das Diplomat V8 Coupé vom Band. Das exklusivste Fahrzeug der Modellpalette ist „für Reisende von Rang“ gedacht – so die Werbung. Leistung und Preis machen es zu einem der Top-Autos in Deutschland. Der 5,4‑Liter-V8, der auch in der Chevrolet Corvette zum Einsatz kommt, bleibt bis zum September 1966 dem Coupé vorbehalten. Der 230 PS starke V8 beschleunigt im Zusammenspiel mit einer „Powerglide“-Zweigangautomatik und 427 Nm Drehmoment das viersitzige Coupé in unter zehn Sekunden von null auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 206 km/h.

Kaum ein anderes Auto aus deutscher Produktion ist schneller, kein Opel ist teurer. 25.500 DM kostet das Diplomat Coupé, während die Limousine mit 17.500 und der günstigste Opel Rekord mit 6.980 Mark in der Preisliste stehen. So bleibt der Kreis der Käufer klein: Bis 1967 verlassen nur 304 Exemplare des Diplomat V8 Coupé die Montagehallen bei Karmann in Osnabrück. Auf Wunsch wird ab 1966 auch die Limousine mit dem 5,4‑Liter-V8 ausgerüstet.

Vom Kapitän A laufen inklusive der mit V8-Motor ausgerüsteten Typen bis zum Modellwechsel 1969 insgesamt 24.249 Einheiten vom Band. Vom überaus erfolgreichen Admiral und Admiral A V8 werden 55.876 Stück gefertigt, der exklusive viertürige Diplomat wird 8.508 Mal gebaut.

Die zweite Generation setzt technische Maßstäbe

Im Februar 1969 setzt Opel mit der Neuauflage der KAD-Reihe technische Maßstäbe im Premiumsegment. Die neuen Modelle zeigen sich formal und technisch grundlegend überarbeitet und setzen in Sachen Komfort, Sicherheit sowie Wirtschaftlichkeit deutliche Akzente. Kapitän, Admiral und Diplomat verfügen über ein aufwändiges, völlig neu entwickeltes Fahrwerk, Karosserie und Innenraum werden ganz im Sinne der passiven Sicherheit konzipiert. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen fallen die Abmessungen der B‑Reihe geringer aus, die Sechs- und Achtzylinder-Triebwerke sind sparsamer.

Der Einstieg in die neue KAD-Klasse beginnt wie bisher mit dem Kapitän. Dessen 2,8-Liter-CIH-Reihensechszylinder leistet 132 PS. Darüber rangiert der komfortabler ausgestattete Admiral, der als 2800 S-Variante 145 PS leistet und in der stärksten Ausführung als Admiral 2800 E über 165 PS verfügt. Die elektronische Bosch-Benzineinspritzung ist eine Neuerung und wurde gezielt für den Sechszylinder entwickelt. Das moderne und laufruhige 165-PS-Triebwerk ist auch im Spitzenmodell Diplomat zu haben. Der mit einer Dreigang-Automatik kombinierte 5,4‑Liter-V8 von Chevrolet mit 230 PS bleibt hingegen dem 205 km/h schnellen Diplomat vorbehalten. Er unterscheidet sich durch senkrecht stehende Scheinwerfer und Rücklichtern von Kapitän und Admiral mit waagerecht liegenden Leuchten.

Obwohl nach wie vor von repräsentativer Erscheinung, fällt die glattflächige und schnörkellose Karosserie der „großen Drei“ kürzer und schmaler aus als noch bei der Vorgänger-Baureihe, deren Design maßgeblich vom US-amerikanischen Geschmack bestimmt war. Jetzt heißt es: „Europäisch und funktionell in der Formgebung, modern in der Technik“.

Bei der neuen KAD-Reihe handelt es sich bis auf die Motoren um eine völlige Neukonstruktion. Karosseriestruktur und Innenraum sind geprägt von passiver Sicherheit. Die technisch aufwändige, schraubengefederte De-Dion-Hinterachse ist die wichtigste Neuerung auf der Fahrwerksseite. Nach Testfahrten fasst Autotester-Ikone Fritz B. Busch die Qualitäten des neuen Oberklassemodells wie folgt zusammen: „Dieser Opel ist ein Opel, mit dem sich Opel selbst überholt. Motor, Fahrwerk, Lenkung und Bremsen gehören zum Besten, das ich kenne.“

Bereits ein Jahr nach dem Debüt der zweiten Generation strafft Opel die Modellpalette. Im April 1970 entfällt der Kapitän; er wird vom Admiral N abgelöst. Der Diplomat wächst hingegen weiter: Für Vorstände, Minister und Staatsoberhäupter präsentiert Opel im August 1973 eine Langversion des Flaggschiffs. Der Radstand wächst um 150 Millimeter, der Zugewinn an Raum kommt voll und ganz den Fondpassagieren zugute.

Eine Baureihe, viele Gesichter

Bei Karosseriebauern wie Karmann oder Vogt entstehen weitere Spezial-Ausführungen auf KAD-Basis. 1970 baut der italienische Spezialist Fissore aus Turin als Subunternehmer im Karmann-Auftrag vier Diplomat 2.8 E zu Cabriolet-Limousinen mit offenem Dach und feststehenden Scheibenrahmen um. Bis zum Sommer 1979 dienen die Diplomat-Cabriolets als Repräsentationsfahrzeuge bei großen Veranstaltungen und befördern prominente Sportler, Schauspieler, Politiker und andere Berühmtheiten.

Die Firma Vogt in Bad Neuenahr folgt einem anderen Ansatz. Im Auftrag des ZDF baut der Spezialbetrieb verschiedene Admiral- und Diplomat-Modelle zu schnellen und geräumigen Kamerawagen um. Dank großer Heckklappe finden auch sperrige Ausrüstungen Platz.

Der vielleicht schönste Opel Diplomat kommt als sportliches Coupé auf den Markt. 1973 präsentiert der ehemalige Rennfahrer Erich Bitter den Diplomat CD. Als Vorbild gilt die von Opel für die IAA 1969 entwickelte Studie CD (Coupé Diplomat). Die Karosserie des 2+2-Sitzers konzipierte Bitter in Zusammenarbeit mit dem Opel Design-Center, Basis des bei Baur in Stuttgart gebauten Luxus-Coupés ist der Diplomat B.

Nach einer erfolgreichem Karriere im automobilen Oberhaus kommt im Juli 1977 nach 11.017 verkauften Kapitän, 31.827 Admiral und 18.725 Diplomat das Aus für „die großen Drei“ der B-Baureihe. 1978 wird die Opel-Oberklasse für Reisende von Rang von den völlig neu konzipierten Modellen Senator und Monza abgelöst.