2008-12-18

Heute Insignia - Gestern Kapitän:

Technischer Meilenstein mit modernem Design

  • Vor 70 Jahren lief der erste Opel Kapitän vom Rüsselsheimer Band
  • Erstes Mittelklasse-Automobil mit selbsttragender Ganzstahl-Karosserie


Rüsselsheim. Vor 70 Jahren, im November des Jahres 1938, lief in Rüsselsheim der erste Opel Kapitän vom Band. Eindrucksvolles Design, gute Aerodynamik, zuverlässiger 2,5-Liter-Motor und erstmals in dieser Klasse eine selbsttragende Ganzstahl-Karosserie – das sorgte in der Automobilwelt für Aufsehen. Es war ein technischer Meilenstein, der eine große Tradition begründete, die sich bis zum aktuellen Opel-Flaggschiff Insignia erstreckt.

In den Segmenten darunter hatte Deutschlands größter Autoproduzent mit dem Olympia und dem Kadett bereits Erfahrungen in diesem, den Fahrzeugbau revolutionierenden Fertigungsverfahren gesammelt. Um es nun auf das nächstgrößere Modell anzuwenden, hatte das Unternehmen sechs Millionen Reichsmark in eine neue Produktionsstrasse investiert. „Unter Fachleuten besteht kein Zweifel mehr darüber, dass die selbsttragende Ganzstahl-Karosserie jene Bauform ist, die den Bedürfnissen der Großserienherstellung weitaus am besten entspricht“, erklärte Dipl.-Ing. Heinz Nordhoff, technischer Berater der Opel-Verkaufsleitung am Tag der Kapitän-Vorstellung der im Rüsselsheimer Werk versammelten Presse. Die Vorzüge dieses Bauprinzips sind: Geringes Gewicht, daraus resultierend bessere Fahrleistungen, geringer Verbrauch und höhere Sicherheit für die Passagiere durch eine sichere Fahrgastzelle.

Mit Volldampf voraus

Der Name des Neulings klärte gleich die Rangfolge in der Opel-Fahrzeugflotte: Als Nachfolger des Super 6 sollte der Kapitän in der gefragten Sechszylinderklasse unterhalb des Rüsselsheimer-Flaggschiffs Admiral Fahrt aufnehmen. Für den entsprechenden Vortrieb des elegant gestylten Wagens sorgte ein 2,5-Liter-Sechszylindermotor mit 55 PS, der die viertürige Limousine in für damalige Verhältnisse beeindruckenden 12 Sekunden von 0 auf 70 km/h beschleunigte. Die Autobahngeschwindigkeit wurde mit 112 km/h angegeben, die Höchstgeschwindigkeit lag sogar bei 126 Sachen. Entsprechend anspruchsvoll war das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung vorne, Stabilisator und hydraulischen Stoßdämpfern ausgelegt.

Sicher und bequem reisen

Zur Sicherheit im Straßenverkehr trug auch die auf das Wesentliche reduzierte Armaturentafel bei, die dem Fahrer eine mühelose Überwachung von Wagen und Motor ermöglichte: Ein großer Zentraltachometer und eine Benzin-Uhr, vier Kontrolllämpchen für Winker, Fernlicht, Lichtmaschine und Öldruck. Optional konnte eine Warmwasserheizung mit elektrischem Gebläse und Entfrostungsdüsen unter der Windschutzscheibe für eisfreie Sicht im Winter geordert werden. Der Steuermann saß äußerst bequem im Kapitän. Die sogar während der Fahrt verstellbare vordere Sitzbank sowie gepolsterte Armlehnen sorgten für komfortables Reisen, insbesondere wenn unter der (nachts beleuchteten) Uhr ein Autoradio montiert war und durch die Tonschlitze in der Armaturentafel Musik erklang. Der Preis für die zweitürige Limousine lag bei 3.575 Reichsmark, die viertürige Variante kostete 400 RM mehr und das Cabriolet war für 4.325 RM zu haben – bei einem Jahresdurchschnittseinkommen von 1.840,- RM sicher kein Pappenstil. Die Presse war jedenfalls begeistert und die Kundschaft ebenso: Bis zur kriegsbedingten Produktionseinstellung im Herbst 1940 verließen 25.374 Kapitäne das Rüsselsheimer Werk.

Zweiter Frühling

Acht Jahre später erlebte der Kapitän im Herbst 1948 in leicht modifizierter Form einen zweiten Frühling. Der Wagen wurde ausschließlich als viertürige Limousine gebaut und unterschied sich optisch nur durch runde Scheinwerfer und etwas modifizierte Stoßstangen vom Vorkriegsmodell. In seinem ersten Produktionsjahr blieb der Wagen der englischen und amerikanischen Militärregierung vorbehalten oder ging in den Export. Mit der neuen D-Mark konnten dann aber auch deutsche Kunden den Kapitän erwerben. Verbesserungen bei der Gestaltung des Innenraums und die Einführung einer Lenkradschaltung sorgten ab Mai 1950 noch einmal für einen Verkaufsschub. Insgesamt fanden 30.000 Exemplare des ersten Nachkriegs-Kapitäns einen neuen Besitzer.

Bestseller mit sechs Zylindern

Seitdem hat Opel sieben weitere Kapitän-Generationen hervorgebracht. Darunter Ikonen des Wirtschaftswunders wie den Kapitän ´54 mit seinem markanten Haifischmaul und den Schlüssellochkapitän (P 2,5), der seinen Spitznahmen dem unverwechselbaren Design seiner Rückleuchten verdankt. Nicht zu vergessen der P 2,6, der mit annähernd 146.000 Exemplaren meistverkaufte Kapitän aller Zeiten. Das Einstiegsmodell in die Opel-Oberklasse rollte in der A-Variante sogar 113 Mal mit einem V8-Motor vom Band, alle anderen 467.922 Kapitäne aber, die Opel bis zum Produktionsstop 1970 gebaut hatte, wurden von Sechszylindermotoren angetrieben. Somit gehört die Kapitän-Baureihe zu den erfolgreichsten Sechszylinder-Modellfamilien überhaupt.