2008-04-08
Vor 80 Jahren:
Opel startet das Raketenzeitalter
Auf der
Rüsselsheimer Rennbahn sorgt der RAK 1 für Furore
Rüsselsheim. Vor internationaler Presse beginnt am 11.
April 1928 auf der Rüsselsheimer Opel-Rennbahn das
Raketenzeitalter mit der ersten öffentlichen Fahrt des
RAK 1. Um 16.30 Uhr hebt Opel-Ingenieur und Rennfahrer
Kurt C. Volkhart den Arm als Zeichen zum Start, die
ersten von zwölf Raketen in seinem Rücken zünden, unter
lautem Heulen verschwindet der Raketen-Wagen RAK 1 im
Rauch. Nach nur acht Sekunden erreicht der RAK 1 Tempo
100, die Fahrt wird zum Triumph einer neuen Technologie,
die es letztendlich möglich macht, den Weltraum zu
erobern.
„Der Vorstoß in den Weltenraum“
Die Eroberung des Orbits beginnt im Jahr 1927. Der
Südtiroler Astronom, Testpilot und Publizist Max Valier,
Verfasser des Werks „Der Vorstoß in den Weltenraum“,
sucht bei Fritz von Opel Unterstützung für seine
Forschung an einem „Raketen-Motor“. Der Enkel des
Firmengründers Adam Opel, selbst Rennfahrer und Flieger,
erkennt die Möglichkeiten der Raketen-Technik und die
Werbewirkung für die Marke Opel. Fortan wird in
Rüsselsheim an der neuartigen Technologie geforscht, auf
einem eigens konstruierten Prüfstand die Schubkraft
unterschiedlicher Raketen-Typen gemessen. Die
hochmodernen Feststoff-Raketen liefert der Ingenieur und
Raketenkonstrukteur Friedrich Wilhelm Sander aus
Wesermünde bei Bremerhaven.
Am 12. März 1928 beginnen unter strengster Geheimhaltung
die ersten Testfahrten auf der Opel-Rennbahn. Als
Versuchsträger dient ein Opel 4/12 PS „Laubfrosch“. Aus
Sicherheitsgründen treiben das Fahrzeug zuerst nur zwei
Raketen an: eine „Seelenrakete“ für den Start sowie ein
„Dauerbrander“ für anhaltenden Schub. Am Steuer sitzt
der Opel-Ingenieur und Rennfahrer Kurt C. Volkhart. Die
Fahrt endet nach 35 Sekunden, in denen lediglich 150
Meter zurückgelegt werden. Weitere Testläufe mit
stärkeren Raketen führen schnell zu den erhofften
Resultaten. Einen Monat später ist alles bereit für die
ersten öffentlichen Demonstrationsfahrten.
„Raketenantrieb – ein erfolgreicher Versuch der
Opel-Werke“
Für den 11. April 1928 kündigt das Unternehmen die
Premiere des Raketenwagens auf der hauseigenen Opel-Bahn
an. Das 1920 eingeweihte Beton-Oval bei Rüsselsheim ist
die erste permanente Versuchs- und Rennstrecke
Deutschlands. Der RAK 1 getaufte Raketenwagen verfügt
über eine aerodynamische Kühler-Attrappe, im Motorraum
befindet sich lediglich die speziell für die Fahrten mit
Raketenantrieb entwickelte, elektrische Zündanlage.
Durch wiederholtes Durchtreten eines Fußpedals zündet
Pilot Kurt C. Volkhart paarweise die zwölf Raketen, die
sich in einem Stahlkasten am Heck des RAK 1 befinden.
Die Ladung, so wurde nach vielen Versuchen und
Messreihen ermittelt, soll für eine vollständige
Umrundung des 1,5 Kilometer langen Ovalkurses reichen.
Zwei von Volkhart konstruierte, seitlich angebrachte
Flügel sorgen für Anpressdruck auf der Vorderachse. Ein
Entfernen der Motorhaube überzeugt die geladenen Gäste
von der „Motorlosigkeit“ des Fahrzeugs und der
Ernsthaftigkeit des Unternehmens.
Um 16.30 Uhr ist es soweit. Kurt C. Volkhart hebt den
Arm als Zeichen zum Start, die ersten von zwölf Raketen
in seinem Rücken zünden. Unter lautem Heulen
verschwindet der Raketenwagen RAK 1 in einer Rauchwolke.
Nach nur acht Sekunden erreicht der RAK 1 Tempo 100,
dann rollt das Fahrzeug aus. Nur drei Raketenpaare und
eine einzelne Rakete haben gezündet, die Zündkabel der
anderen fünf Raketen sind durchgebrannt. Trotzdem: die
Fahrt wird zum Triumph einer neuen Technologie, die
Zeitungs-Berichte sind getragen von Euphorie. Vom
„betriebssicheren Amerikaflug“ und „dessen
Weiterentwicklung zum Weltenraumschiff“ ist die Rede.
„Raketenantrieb – ein erfolgreicher Versuch der
Opel-Werke“, lautet ein Titel. Das Unternehmen ist in
aller Munde, Fritz von Opel kündigt weitere Forschungen
mit dem Ziel der bemannten Raumfahrt an und lässt Taten
folgen.
Am 23. Mai 1928 startet Fritz von Opel vor 3.000
geladenen Gästen aus Politik, Film und Wissenschaft zur
Rekordfahrt. Mit 230 km/h fliegt das schwarz lackierte
Experimental-Fahrzeug RAK 2 über die Berliner AVUS. Mit
jedem Tritt aufs Gaspedal zündet Fritz von Opel die
nächste Stufe des Antriebs, 24 Pulverraketen mit
insgesamt 120 Kilogramm Sprengstoff katapultieren das
Fahrzeug auf 238 km/h. Fritz von Opel ist ein Held und
will nun Schiene und Luftraum erobern.
256 km/h erreicht am 23. Juni 1928 der unbemannte RAK 3
auf einem gesperrten Eisenbahngleisstück bei Burgwedel
(Hannover) - neuer Weltrekord für Schienenfahrzeuge.
Weitere Versuche mit einem Raketen-getriebenen Opel
Motoclub-Motorrad sollen folgen, werden aber von den
Behörden untersagt. Im September 1929 absolviert „Raketen-Fritz“
den ersten öffentlichen bemannten Raketenflug der Welt,
mit dem Opel-Sander RAK 1-Flugzeug erhebt sich Fritz von
Opel auf dem Flugplatz Frankfurt-Rebstock in die Luft
und wird 150 km/h schnell. Der Vorstoß in den Weltraum
hat begonnen.

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