2007-08-02
"Traumwagen für
jedermann"
Der Opel Olympia
Rekord P1 wird 50 Jahre alt
Rüsselsheim. Mitte der 50er Jahre nimmt das deutsche
Wirtschaftswunder Fahrt auf:
Der brummende Wirtschaftsmotor ist überall zu spüren,
natürlich auch in der Autoindustrie. Das
Verkehrsaufkommen nimmt stark zu; 1957 wird die
Geschwindigkeit in Ortschaften auf 50 km/h begrenzt. Und
ein bis heute meist ungeliebter Weggefährte kreuzt zum
ersten Mal den Weg der Autofahrer: Die ersten
Radarfallen verrichten stoisch ihren Dienst. Noch mehr
Aufmerksamkeit, allerdings in ungleich angenehmerer
Weise, erregt vor genau einem halben Jahrhundert ein
neues Mittelklasse-Modell aus Rüsselsheim: der Opel
Olympia Rekord P1.
Vollsicht-Panorama-Windschutzscheibe und progressive
Federung
Seine Premiere feiert der „Neue“ auf der Internationalen
Automobilausstellung Frankfurt 1957. Vor allem sein
Design begeistert Besucher wie Fachpresse gleichermaßen.
Geschickt haben die Opel-Designer bei ihrem neuen
Mittelklasse-Modell amerikanische Stilelemente mit
europäischen Dimensionen kombiniert. Der Olympia Rekord
– intern P1 genannt („P“ für Panorama) – präsentiert
sich als durchgestyltes und perfekt dem Zeitgeist
angepasstes Fahrzeug. Die neuartige
Panorama-Windschutzscheibe, die weit in die Seitenpartie
hineinragt, gibt dem Opel den gewissen Chic
amerikanischer Lebensart, die in den Nachkriegsjahren
auch die Deutschen begeistert. Mit zarten Pastelltönen,
mutigen Zweifarbenlackierungen und einer
außergewöhnlichen Mischung aus Eleganz und
Zweckmäßigkeit trifft Opel auf die Begeisterung der
Kundschaft. Der Neuling wird als „Traumwagen für
jedermann“ gefeiert.
6.385 Mark für den Olympia Rekord P1 mit 45 PS starkem
1,5-Liter-Motor sind Ende der 50er Jahre ein höchst
attraktives Angebot.
Eleganz, Harmonie und Wirtschaftlichkeit
Die Erfolgskomponenten des zunächst als Zweitürer
angebotenen Olympia Rekord P1 sind die selbsttragende
Ganzstahl-Karosserie, der bewährte
Vierzylinder-Grauguss-Motor, der die Limousine bei
Bedarf auf beachtliche 125 km/h Höchstgeschwindigkeit
beschleunigt, und die von den Kunden so geschätzte
Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit, zu der auch der
günstige Kraftstoffverbrauch von 8,6 Litern auf
100 Kilometer beiträgt. Absolut neu sind neben dem
wegweisenden Design die Ausstattung und das Fahrwerk mit
erstmals progressiver Federung. Dies trägt, kombiniert
mit seiner breiten Spur und dem tiefen Schwerpunkt, zum
hohen Fahrkomfort und der aktiven Sicherheit des Olympia
Rekord P1 bei. Im Innenraum dominieren – Opel-typisch –
Ergonomie und Komfort, womit sich der P1 auf
Kapitän-Niveau bewegt. Einen besonderen Fortschritt
stellen die aus Sicherheitsgründen versenkt angebrachten
Bedienknöpfe und der neuartige Instrumententräger mit
Trommel-Tachometer dar. Bei ihm wandert die
Geschwindigkeitsanzeige als farbiger Balken über die
waagerechte Skala.
Begeistert die Öffentlichkeit insbesondere das Äußere
des P1, so steckt doch viel mehr unter dem schön
geformten Blech als nur Eleganz und Harmonie: Die
fahrgünstig niedrige Bauweise, die windschlüpfig-glatten
Flächen, die weit gewölbte Panoramascheibe, die viel
Licht in das Wageninnere lässt, und – nicht zu übersehen
– die großen Blinkleuchten, die auch zur Seite strahlen,
sind vor allem von Funktionalität und Sicherheit
geprägt. Ein Beispiel: Die Windschutzscheibe bietet
durch ihre bogenförmige Wölbung eine 92-prozentige
Rundumsicht, so dass man das Verkehrsgeschehen gut
überblicken kann. Auf diese Weise verbindet die gut
durchdachte Form Ästhetik mit praktischem Sinn und hohem
Nutzen.
Olympia Rekord CarAVan und Schnell-Lieferwagen
Besonders dieser Nutzwert kommt auch bei den vielen vom
„Basis-P1“ abgeleiteten Modellversionen zum Vorschein.
So ist bereits der ab Oktober 1957 lieferbare CarAVan
eine kleine Sensation für sich. Mit seinen elegant
schräg gestellten Seitenfenstern trägt er wesentlich
dazu bei, dass nach dem Erfolg der „Station Cars“ in den
USA auch in Deutschland die praktischen Vielzweckwagen
gesellschaftsfähig werden. Großes Plus beim neuen
Modell: die um fast 20 Zentimeter verlängerte Ladefläche
und die neue nach oben schwenkbare Hecktür, die bei der
Konkurrenz schon bald viele Nachahmer findet.
Damit bietet der Kombi ein Maximum an Raum; die
Höchstzuladung beträgt 555 Kilogramm – beachtlich für
ein Fahrzeug, das fahrtechnisch ein ausgesprochener
Personenwagen ist. Auf diese Weise dient der CarAVan als
zweckmäßiger Transporter im Geschäft genauso wie als
PKW, der Bequemlichkeit und Komfort für die ganze
Familie bietet. Auf Basis des CarAVan wird auch wieder
der aufgrund seines hohen Praxiswerts beliebte
Schnell-Lieferwagen angeboten.
Vom
Heimatmarkt zum US-Exportschlager
Der Rekord des Jahres 1957 soll aber noch aus anderen
Gründen zum Meilenstein in der Rüsselsheimer
Modellpalette werden: Mit seinem außergewöhnlichen
Design und den vielen positiven Eigenschaften schafft er
den Sprung über den großen Teich auf den anspruchsvollen
amerikanischen Markt. Den dortigen Vertrieb und Service
übernehmen die Buick-Händler. Schon bald rollt der
Millionste Opel-Exportwagen von den Rüsselsheimer
Bändern – ebenfalls ein P-Rekord.
Ab 1959 rundet der generalüberholte P1 als Viertürer das
Angebot ab. Er ist wahlweise mit
1,5-Liter-Vierzylinder-Kurzhubmotor und 50 PS Leistung
oder mit dem daraus entwickelten 1,7-Liter-Motor
lieferbar. Durch die Vergrößerung des Hubraumes von
1.488 auf 1.680 Kubikzentimeter erreicht dieser sogar
55 PS, die dem Besitzer über 130 km/h
Höchstgeschwindigkeit bescheren.
Derart breit aufgestellt, wird der P1 zu einem
Erfolgsmodell. Bis zu seiner Ablösung durch den P2 im
August 1960 baut Opel rund 800.000 Olympia Rekord, von
denen 447.000 exportiert werden. Auf diese Weise wird
der mittlerweile legendäre P1 sowohl im In- als auch im
Ausland zum Verkaufsschlager und geht in die
Geschichtsbücher der Opel-Entwicklung ein. 2003 wird ihm
schließlich noch eine besondere Ehre zuteil: Der P1
ziert eine Wohlfahrtsmarke zu Gunsten sozialer Projekte.
Feierlich nimmt der damalige Bundespräsident Johannes
Rau im Schloss Bellevue die Erstdrucke der Briefmarke
aus den Händen von Finanzminister Hans Eichel entgegen –
mit dabei ein Olympia Rekord aus der Opel
Classic-Sammlung.

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