1906 lieferte Opel das erste speziell als Taxi gebaute
Automobil aus
Rüsselsheim. Vor 100 Jahren startete Opel in ein neues
Geschäftsfeld: die erste „Kraftdroschke“ vom Typ Opel
Motorwagen 12/14 PS „System Darracq“ wurde ausgeliefert.
Nachdem 1896 in Paris erstmalig benzingetriebene
Droschken zugelassen worden waren, folgten auch deutsche
Metropolen wie Stuttgart, Hamburg, München und Berlin
diesem Beispiel. Damit schritt die Spezialisierung im
Automobilbau bei Opel weiter fort. Nach dem ersten
Lieferwagen im Jahr 1899 wandte sich das Unternehmen mit
maßgeschneiderten Taxi-Fahrzeugen an einen weiteren
gewerblichen Kundenkreis.
100 Jahre später ist das Angebot deutlich gewachsen: mit
sechs Fahrzeugen, von den kompakten Modellen Meriva und
Combo über Vectra, Signum und den flexiblen Zafira bis
hin zum Vivaro, bietet Opel im Jahr 2006 eine breite und
moderne Palette an Taxi-Versionen an.
Pferde gegen Pferdestärken
Im Jahr 1900 stehen in Berlin 8114 Pferdedroschken einem
einzigen benzingetriebenen Taxi gegenüber. 1906 kommen
auf 8692 Pferdedroschken bereits 233 Benzindroschken und
22 Kraftdroschken mit Elektroantrieb. Immer mehr
Motorwagen bevölkern die Straßen der schnell wachsenden
und pulsierenden Hauptstadt, einen besonderen Boom
erleben Taxen. Auch Opel liefert das erste Taxi nach
Berlin. Das Fahrzeug vom Typ Opel Motorwagen 12/14 PS
„System Darracq“ folgt der bereits gängigen Bauart mit
offenem Fahrersitz und geschlossenem Passagierabteil,
das über feste und verglaste Seitentüren sowie ein
Klappverdeck im Landaulet-Bauweise verfügt, ein Erbe des
Kutschenzeitalters mit seinen „Landauern“. Der im
mittleren Preissegment angesiedelte Opel Motorwagen
12/14 PS besitzt einen 2078 ccm großen
Zweizylindermotor, leistet 14 PS und ist bis zu
55 km/h schnell. 9550 Mark beträgt der Preis für eine
12/14 PS-Droschke – eine enorme Summe, ein Arbeiter
verdient durchschnittlich rund 60 Mark im Monat. Der
Wagen basiert in technischer Hinsicht nur noch zum Teil
auf den seit 1902 in Lizenz gefertigten Darracq-Modellen,
Triebwerk und Karosserie sind bereits
Eigenentwicklungen.
Zum Ende des Jahres 1906 verwendet das Unternehmen
ausschließlich die Bezeichnung „Opel Motorwagen“. Zu
diesem Zeitpunkt wird in Rüsselsheim die Fertigstellung
des 1000sten Automobils gefeiert. Jedes siebte Automobil
auf Deutschlands Straßen ist nun ein Opel. Um den
privaten Kunden und Taxi-Chauffeuren in der Hauptstadt
einen perfekten Service zu gewährleisten - aber auch, um
das Unternehmen besser präsentieren zu können – wird
zudem 1906 in Berlin eine Opel-Niederlassung gegründet.
Im gleichen Jahr wird in Deutschland mit dem
Reichsstempelgesetz die Kfz-Steuer eingeführt. Die
vordere Zahl bezeichnet die „Steuer-PS“, die hintere
Zahl die effektive Motorleistung. So wird aus dem 12/14
PS der 8/14 PS, für den künftig 74 Mark Steuer im Jahr
zu entrichten sind. Von der Besteuerung sind nur
Kraftdroschken ausgenommen.
Ende einer Ära
Am 15. Dezember 1926 wird in Berlin das neuartige
Rufsäulennetz in Betrieb genommen, innerhalb von drei
Jahren hat sich der Taxenbestand in der Hauptstadt
verdreifacht und die Kraftdroschke sich gegenüber den
Pferdefuhrwerken endgültig durchgesetzt. Zwei Jahre
darauf endet eine Ära. Der 69-jährige Gustav Hartmann
aus Berlin-Wannsee, genannt der „Eiserne Gustav“,
unternimmt seine letzte Droschkenfahrt von Berlin nach
Paris und zurück. Fünf Monate dauert die umjubelte Reise
des letzten Berliner Pferdedroschken-Kutschers, die ihn
1928 auch nach Rüsselsheim führt. Bei Opel besichtigt
der Eiserne Gustav gemeinsam mit Pferd „Grasmus“ das
moderne Fließband, auf dem auch Taxen gebaut werden.
Basierend auf der repräsentativen Sechszylinder-Baureihe
8/40 PS bietet Opel ein speziell auf die Bedürfnisse von
Chauffeuren und Passagieren konzipiertes
Droschken-Landaulet an. Der 2-Liter-Reihensechszylinder
leistet 40 PS bei 3600 U/min, der niedrige Verbrauch von
11 Litern Benzin auf 100 Kilometern macht das Modell
fürs Fuhrgewerbe interessant. Der eigens für die
Taxi-Kundschaft erstellte Katalog „Die Opel Droschke“
beschreibt dessen Vorzüge:
„Die Opeldroschke ist solide gebaut und den
Anforderungen der Praxis angepasst. Bei der Herstellung
der Droschkenaufbauten auf das 8 PS 6 Zylinder-Chassis
wurde größte Sorgfalt angewandt, um Dauerhaftigkeit mit
schönem Äußeren zu verbinden. Keine einzige für den
Droschkenbetrieb notwendige Einzelheit ist übergangen
worden. Der Fond ist geschmackvoll und komfortabel
ausgestattet. Der Führersitz ist mit schwarzem Rindleder
bezogen, daneben ist ein Raum für Gepäck angeordnet. Die
gute, dauerhafte Lackierung ist standardmäßig
droschkengrün, das Oberteil schwarz.“
Angebot und Nachfrage
Die Taxen der Nachkriegszeit tragen als
Erkennungszeichen ein einheitliches Schwarz, mit dem
Wirtschaftswunder boomt der Taxi-Markt. Die
Rekord-Baureihe mit 55 PS starken
1,5-Liter- und 60, bzw. 67 PS leistenden
1,7-Liter-Vierzylindermotor entspricht den Anforderungen
der Taxi-Fahrer. Drehstrom-Lichtmaschine,
12-Volt-Anlage, verstärkte Sitze im Innenraum, stärkere
Federn an der Hinterachse sowie ein Druckknopfschloss
zählen zur Taxi-Ausstattung des von 1963 bis 1965
gebauten Rekord A. „Der Rekord verdient sofort“ heißt es
im Prospekt.
Eine Sonderstellung nimmt der Rekord C ein. Zur Schutz
der Taxi-Fahrer wird am 6. Januar 1966 mit der
„Trennwandverordnung“ eine schützende Sicherheitsscheibe
zwischen Passagierabteil und Vordersitzen zur Pflicht.
Als einziger Hersteller bietet die Adam Opel AG mit dem
zum Modelljahr 1967 präsentierten Rekord C ab Werk eine
„Sonderausführung Taxi“ an, die über eine individuell
entwickelte Trennwand und darüber hinaus ein Plus an
Radstand verfügt. Der um 20 Zentimeter von 2668 mm auf
2868 mm gewachsene Radstand kommt Chauffeur und
Fahrgästen gleichermaßen zugute – der Fahrer wird in
seiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt, der
Fußraum im Fond bleibt erhalten.
„Die Trennwand ist nun einmal gesetzlich vorgeschrieben.
Sie darf den Fahrgastraum jedoch nicht zu einem
Notaufenthaltsraum machen. In Ihrem REKORD soll der
Fahrgast, trotz Trennwand, bequem und behaglich sitzen.
Er soll genug Beinraum, Kopf- und Hüftraum haben. Die
„Sonderausführung Taxi“ des viertürigen REKORD bietet
alles, was der Fahrgast auch in Anbetracht der
gesetzlichen Vorschriften für sich fordern kann“,
wirbt der Prospekt für die beim Taxi-Gewerbe heftig
umstrittene Trennscheibe.
Der Preis für die viertürige Rekord-Limousine
„Sonderausführung Taxi“ mit 58 PS starkem
1,5-Liter-Motor, Dreiganggetriebe, schwarz lackiert,
Vorder- und Hintersitzen mit verstärkter Polsterauflage
und grauem Kunstlederbezug liegt bei 9450 Mark. Ein
Aufpreis von fast 2000 DM zu herkömmlichen Limousine.
Vorgenommen werden die Umbauten von der Firma Vogt in
Bad Neuenahr, wo auf Wunsch auch Fahrzeuge der Kadett
B-Baureihe mit längerem Radstand und Trennscheibe
versehen werden. Nach wenigen Jahren ist die Verordnung
Vergangenheit, eine neue Richtlinie regelt die
Farbgebung. Seit 1970 tragen neu zugelassene Taxen den
Farbton „Hell-Beige“, die Übergangsfrist endet erst
1980.
Admiral und Erdgas
Opel baut sein Angebot für Verkehrs-Unternehmer aus.
Seit 1972 ist beim Opel Rekord D erstmals ein
Diesel-Motor erhältlich. Der Selbstzünder mit 2068 ccm
Hubraum und 60 PS und erweist sich besonders
wirtschaftlich. Mitte der 70er Jahre reicht die Palette
der Taxi-Varianten vom „zuverlässigen Mitarbeiter“
Ascona B über das Auto „zum Wohlfühlen und
Geldverdienen“ Rekord D bis zu „Repräsentation und
Komfort“ im Oberklassen-Modell Admiral B mit
2,8-Liter-Sechszylindermotor mit 129 PS. Auf Wunsch ist
für den Admiral sogar eine Klimaanlage erhältlich.
Zwischen 1985 und 1989 verdoppelt das Unternehmen seinen
Absatz an Taxi-Ausführungen und rückt zum drittgrößten
Anbieter auf dem deutschen Taximarkt auf. Seit 2001
liefert Opel neue, erdgasbetriebene Varianten des
Compact van Zafira an ein Taxi-Unternehmen aus. 2004
erweitert die Konzeptstudie des Vivaro Multi-Taxi mit
behindertengerechter Ausstattung der auf Sonderserien
und Umbauten spezialisierten Tochtergesellschaft Opel
Secial Vehicles (OSV) die Angebots-Palette, die sich 100
Jahre nach dem ersten Opel-Taxi aus sechs Modellen
zusammensetzt.
