In den
Hauptrollen: Fünf Elektromotoren, acht
Hydraulikzylinder, 13 Sensoren und eine
14-Gelenk-Kinematik.
Rüsselsheim. Opel unternimmt etwas gegen Langeweile und
erweckt bewegungslose Autos auf dem Messestand der
Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt
(15. – 25. September) zu einem neuen Tanz. Beim Astra
TwinTop, der in Frankfurt seine Weltpremiere feiern
wird, können die Besucher beim Öffnen und Schließen des
Daches den „Cabrio-Coupé-Lambada“ erleben. Per
Knopfdruck bewegen sich inklusive der beiden C-Säulen
insgesamt fünf Komponenten mit Hilfe von fünf
Elektromotoren, acht Hydraulikzylindern. 13 Sensoren
und einer 14-Gelenk-Kinematik zu einer exakt
festgelegten Choreografie. Wesentlicher Vorteil des
neuartigen Dachsystems im Astra TwinTop: Die einzelnen
Dachteile sind kleiner als bei herkömmlichen Konzepten
und können damit platzsparender im Kofferraum versenkt
werden.
Entwicklungsvorgabe: Am Design orientiert sich die
Funktion
Nach diesem Leitsatz haben zunächst die Designer- und
Packaging-Experten ihre Anforderungen definiert.
Anschließend entwickelten die Opel-Ingenieure in enger
Zusammenarbeit mit den Spezialisten von CarTopSystems (CTS)
das optimale Dachkonzept, um sowohl die attraktive
Designlinie als auch das für ein Stahl-Klappdach
hervorragende Raumangebot zu gewährleisten. Dank der
großzügigen Schulter- und Kniefreiheit, fühlen sich auch
erwachsene Passagiere im TwinTop-Fond wohl. Dazu
Projektleiter Klaus-Rudolf Reuter: „Wir haben alle
Klappdach-Systeme am Markt sehr genau analysiert. Dabei
wurde schnell klar, dass damit unser Ziel, ein
aufregendes Design mit großzügigem Platzangebot und
großem Kofferraumvolumen zu verbinden, nicht zu
erreichen ist. Deshalb kam nur eine neue Lösung in
Frage.“
Spektakulär: Tanz der Elemente
Um das erste dreiteilige Stahldach in einem
Serienfahrzeug zu realisieren, war neben der
grundsätzlichen Arbeit am Konzept viel Feinabstimmung
notwendig. Das veranschaulicht die von fünf
Elektromotoren, acht Hydraulikzylindern und 13 Sensoren
inszenierte Bewegungsabfolge beim Öffnen oder Schließen
des Verdecks – von den Entwicklern „Lambada“ genannt.
Ausgelöst wird der vollautomatische Komponenten-Tanz per
Knopfdruck am oberen Scheibenrahmen oder via
Fernbedienung im Fahrzeugschlüssel.
Zur Ouvertüre fahren die rahmenlosen Seitenscheiben um
wenige Millimeter aus den Dichtungen nach unten. Dann
schwenkt die Kofferraumhaube nach hinten hoch und
gleichzeitig rückt das vordere Dachteil aus der
Verriegelung. Im spektakulärsten Abschnitt vollführen
die drei Dachelemente eine Art Rolle rückwärts. Dreh-
und Angelpunkt sind dabei die beiden Hauptlager auf Höhe
der Rücksitzbanklehne. Parallel dazu schiebt sich die
Heckscheibe aus den Halterungen der C-Säulen nach vorn.
Zugleich fährt die Abdeckung hinter den Fond-Kopfstützen
hoch, die Dachdrittel tauchen darunter durch und legen
sich kompakt geschichtet in die obere Hälfte des
Ladeabteils. Bevor sich die Hutablage und die
Kofferraumhaube wieder in ihre Verriegelungen senken,
schwenken dort jeweils zwei Klappen aus, die sich als
bündige Verkleidungen an die Karosserieflanke schmiegen.
Zum Abschluss des knapp 30-sekündigen Schauspiels fahren
die Seitenscheiben wieder in ihre Position. Ein
dezenter Signalton markiert das Ende der Aktion.
Fehlbedienungen sind ausgeschlossen. So lässt sich der
Öffnungsvorgang nur starten, wenn das Kofferraum-Rollo
eingehängt ist. Die an einen Kontaktsensor gekoppelte
Schutzvorrichtung trennt das Ladeabteil horizontal und
definiert den Laderaum im geöffneten Zustand , so dass
das Dach-Paket nicht auf überstehende Gepäckstücke
drückt.
Projektleiter Reuter betont, dass „der Showcharakter
nicht mehr als ein willkommener Nebeneffekt ist. Uns kam
es auf optimale Funktionalität an – mit so wenig
bewegten Teilen wie möglich.“ Zwischenlösungen mit
mehreren puzzleartigen Verkleidungssegmenten wanderten
in den Papierkorb. „Da spielten auch die Designer nicht
mit, weil durch die vielen Fugen ein unsauberes Bild
entstanden wäre. Unser Ergebnis ist nicht nur optisch
gelungen, sondern auch aeroakustisch einwandfrei.“
Absolutes Novum: Elektrisch betätigte Ladehilfe
Zusätzlich haben die Opel-Techniker dem Astra TwinTop
als absolutes Novum eine elektrisch betätigte Ladehilfe
(„Easy Load“-Funktion) spendiert. Mit dieser Innovation
ist es gelungen, das in der Cabrio-Konfiguration
verfügbare Ladevolumen von gut 200 Litern auch voll
nutzbar zu machen: Ein Druck auf den Knopf an der
Kofferraum-Bordwand genügt und die waagerecht im
Heckabteil geschichteten Dachteile werden um gut
25 Zentimeter angehoben. Damit lassen sich Koffer im
Standardformat oder Einkaufstaschen bequem entladen oder
unter das Schutzrollo bugsieren. „Auf die saubere
Umsetzung dieser Idee haben wir besonders viel
Hirnschmalz verwendet“, verrät Klaus-Rudolf Reuter. „Die
Kunden werden das serienmäßige Feature mit Sicherheit zu
schätzen wissen, weil sie so auch im Open-Air-Modus
jederzeit an ihr Gepäck gelangen.“
Darüber hinaus zeugen Zuschnitt und Größe des insgesamt
rund 440 Liter fassenden Laderaums von der
Alltagstauglichkeit des Astra TwinTop. Einen Beitrag
leistet das schmal bauende Heckhauben-Gestänge: Statt
der sonst üblichen mächtigen Rohrrahmen-Konstruktionen
feiert hier eine aufwändige 14-Gelenk-Kinematik
Premiere, die den Kofferraumdeckel beim Öffnen und
Schließen in zwei Dimensionen bewegt. Der gegenüber der
Limousine um drei Zentimeter abgesenkte Kofferraumboden
schafft weiteren Platz. Von der praxisgerechten
Ausgestaltung des Gepäckabteils zeugen auch die
seitlichen Staufächer, die Durchladevorrichtung für den
Ski-Transport sowie die Mulde, in der ein Reserverad
oder ein vierteiliges Windschott und das Tire-Repair-Set
untergebracht werden können.
Obwohl konzeptionell völliges Neuland betreten und die
Latte in puncto Qualität und Funktionalität sehr hoch
gelegt wurde, entstand der Astra TwinTop in der
Rekordzeit von nur 17 Monaten. Reuter erklärt diese
Leistung seines Teams mit dem beispielhaft effizienten
Einsatz modernster Computersimulations-Programme und der
nachhaltigen Einbindung des Entwicklungspartners CTS
sowohl in den Konstruktions- als auch in den
Produktionsprozess. Wenn das viersitzige Cabrio-Coupé ab
Anfang 2006 im belgischen Antwerpen vom Band läuft, wird
das komplette Dachmodul vor Ort montiert.