Opel entwickelt zwei neue Nischenfahrzeuge zu
Erfolgsmodellen
Rüsselsheim. Schon vor 35 Jahren begann Opel seine
Modellpalette weiter aufzufächern. Dieses Erfolgsrezept,
aus anfänglichen Nischenprodukten erfolgreiche
Volumenmodelle zu entwickeln, nutzt Opel bis heute mit
Modellen wie Zafira oder Meriva. Bereits in der ersten
Hälfte der siebziger Jahre zeigten Manta A und Ascona A,
dass diese Strategie aufgeht: Sie wurden zusammen fast
1,2 Millionen Mal verkauft. Beide haben die gleiche
Basis, der Manta als dynamisches Sportcoupé, der Ascona
als komfortables Familienauto mit kompakten Außenmaßen.
Manta - Fisch sucht Fahrer
Es ist „Der Tag, an dem der Manta kommt“. Die Nähe zum
Wasser ist gut gewählt: Das sportliche Coupé, dessen
Flügelrochen-Emblem nach Fotos des Meeresforschers
Jacques Costeau entworfen wurde, wird am 25. September
1970 im Hotel Maritim, Timmendorfer Strand präsentiert.
„Das Auto, das wir Ihnen heute vorstellen, stempelt kein
anderes Modell zum alten Eisen, sondern gesellt sich zu
unserem bisherigen Programm als wirkungsvolle Ergänzung
und zur Deckung eines neu entstandenen Bedarfs“, heißt
es im Pressetext. „Das Pendel schlug mal ein bißchen
mehr hin zum herkömmlichen Coupé, ein andermal ein
bißchen zur Limousine. Wir glauben, daß es sich jetzt
beim Manta in den richtigen Relationen eingependelt
hat.“ Vorbild sind die populären „Pony Cars“ aus den
USA: Ebenso formschöne wie familientaugliche Coupés auf
Basis der Großserie. Der Manta baut mit einer völlig
eigenständigen Karosserieform auf dem neuen Ascona auf,
auch wenn dieser erst einen Monat später, im Oktober
1970, präsentiert wird.
Damit entspricht er den Erfordernissen des Marktes. Ende
der 60er Jahre finden immer mehr junge und jung
gebliebene Autokäufer Gefallen an attraktiven Coupés.
Individualismus ist gefragt, die formal eigenständige
Linie des Manta kommt diesem Wunsch entgegen. Schon im
ersten Verkaufsjahr 1970 setzt Opel von dem in Bochum
und Antwerpen gefertigten Fahrzeug 55.393 Einheiten ab.
Bodengruppe und das für eine dynamische Gangart
modifizierte Fahrwerk teilt sich der Manta mit dem
Ascona, Modellpflegemaßnahmen und technische Neuerungen
kommen beiden Fahrzeugen zugute. Basis ist wie beim
Ascona der 1,6-Liter-Motor mit 68 PS. Darüber hinaus
werden für das sportliche Manta „SR“-Modell ein
1,6-Liter-S-Motor mit80 PS und der aus dem Rekord
stammende 1,9-Liter-S-Motor mit 90 PS angeboten.
Vielfalt – ein Auto für Alle
Den günstigsten Einstieg in die Manta-Baureihe markiert
ab 1972 die 1,2-Liter-Version mit 60 PS, im November des
gleichen Jahres ergänzt mit dem Manta „Berlinetta“ eine
besonders reichhaltig ausgestattete Variante das
Modell-Programm. Heizbare Heckscheibe,
Halogen-Scheinwerfer, elektrische Scheibenwaschanlage,
Vinyldach und Metallic-Lackierung gehören beim
Berlinetta zum Serienumfang. Zahlreiche Sondermodelle
halten in den fünf Jahren Bauzeit das Interesse am Manta
wach: „Holiday“, „Plus“, „Swinger“ und „Sommer-Bazar“
kombinieren gehobene Ausstattungsmerkmale mit einem
günstigen Preis.
Das Topmodell der Baureihe, der Manta GT/E, feiert im
Herbst 1973 seine Premiere auf der IAA in Frankfurt.
Sein Vierzylinder 1,9-Liter-Einspritzmotor mit Bosch
LE-Jetronic leistet 105 PS. Damit ausgerüstet, verfügt
der GT/E über ein Leistungsplus von 15 PS im Vergleich
zum 1,9-Liter-S-Motor bei gleichzeitig um ein bis zwei
Liter gesunkenem Benzindurst. Im Stil der Zeit
verzichtet der Manta GT/E auf jeden Chromschmuck und
spricht besonders sportlich ambitionierte Fahrer an.
Im Frühjahr 1975 erscheint das letzte Sondermodell: Der
„Black Magic“ ist ganz in Schwarz lackiert und trägt
rot-orange-farbene Zierstreifen auf den Flanken. Bis zur
Ablösung durch den Manta B werden 498.553 Einheiten des
Coupés gebaut.
Die neue Mittelklasse
Der Ascona A, das - laut der damaligen Pressemappe -
„Auto der technischen Vernunft“, positioniert sich
zwischen Kadett und Rekord.
Bisher spielte die luxuriöse „Olympia“-Variante des
Kadett B diese Rolle, nun kommt mit dem Ascona ein neu
konstruiertes Mittelklasse-Fahrzeug auf den Markt, das
einen größer werdenden Kundenkreis bedient. Der Ascona
verfügt über die Motoren des Manta. Die Caravan-Version
„Voyage“ ist der erste Lifestyle-Kombi eines deutschen
Herstellers und seiner Zeit weit voraus. Im Vergleich
zur Limousine bleibt der „Voyage“ ein Nischenprodukt.
Dafür legt die Ascona-Limousine den Grundstein zum
Erfolg der heutigen Vectra-Baureihe.
Der bis Juli 1975 exakt
691.438 mal gebaute Ascona A
nutzt viele bewährte Komponenten von Kadett und Rekord.
Die Vorderachse besitzt einzeln aufgehängte Räder mit
Schraubenfedern und Teleskopstoßdämpfern, die starre
Hinterachse wird von zwei Längslenkern sowie einem
Panhardstab geführt. Angeboten wird der Ascona als zwei-
und viertürige Limousine in Normal- und
Luxus-Ausführung. Der Motor mit 1584 ccm ist vom
1,7-Liter-Vierzylinderaggregat des Rekord abgeleitet.
Als Triebwerk steht zuerst nur ein
1,6-Liter-Vierzylinder mit 68 PS und eine höher
verdichtete S-Variante mit 80 PS zur Verfügung. Wie die
größeren Vierzylinder des Rekord verfügt der
Ascona-Motor über eine seitlich im Zylinderkopf
angeordnete Nockenwelle, „camshaft in head“ (cih)
genannt. Ab März 1972 wird der 1,2-Liter-S-Motor mit 60
PS aus dem Kadett B auch für den Ascona angeboten, um so
ein kostengünstiges Einstiegs-Modell zu schaffen.
Voyage - Mehr Lust als Last
Eine vielbeachtete Neuheit im Modellprogramm ist der
neuartige Ascona Voyage. Die zweitürige Kombi-Variante
ist kein Transportfahrzeug im klassischen Sinn, sondern
ein Freizeit-Mobil, mit Platz für Gummiboot und Fahrrad,
ein Wagen für die junge Familie, ein Lifestyle-Caravan.
Zeitgenössischer Pressetext: „Die heutige
Reisefreudigkeit, die Camping-Bewegung, die Neigung zu
sportlichen und oft transportabhängigen Hobbys wie
Wassersport, Fischerei, Jagd verlangen nach einem
Personenwagen mit großzügigen Raumverhältnissen und
Transportkapazitäten. In Komfort und Wohnlichkeit darf
aber der Personenwagen-Charakter keinesfalls getrübt
werden. Den nach diesen Vorstellungen gebauten Wagen
nennen wir Ascona Voyage.“ Mit Vinyl-Dach und Folie in
„Edelholzmaserung“ an den Flanken kreiert Opel einen an
die „Woody“-Wagons der 40er Jahre erinnernden Kombi, der
mehr die Lust als die Last betont. Der Ascona Voyage
wird nur als L-Version geliefert, erst 1974 wird der
Voyage auch in einer weniger luxuriösen Caravan-Version
angeboten werden.
SR – Das Zeug zum Sieger
Im Frühjahr 1971, zum Genfer Salon, werden der Ascona
1,9 S und der Ascona „SR“ vorgestellt. Motorisiert ist
die SR-Variante mit dem 80 PS starken S-Triebwerk oder
dem 1,9-Liter-Aggregat mit 90 PS. In Kombination mit den
beiden stärkeren Motorisierungen gibt es gegen Aufpreis
eine Dreigang-Automatik. Die SR-Ausstattung ist - ein
Novum für das Segment der Kombifahrzeuge - auch für den
dreitürigen Voyage lieferbar.
Mit der sportlichen Variante der zweitürigen Limousine
gehen Walter Röhrl und Jochen Berger 1974 in der
Rallye-Europameisterschaft an den Start.
Der Ascona
des Opel-Euro-Händler-Teams hat einen
Vierzylinder-Motor, der nach dem Aufbohren auf zwei
Liter Hubraum mit einem Aluminium-Crossflow-Zylinderkopf
über 200 PS bei 6700 U/min-1 abgibt. Röhrl
und Berger siegen bei sechs von acht Läufen und gewinnen
überlegen die Rallye-Europameisterschaft und 1975 mit
der Rallye Akropolis den ersten Rallye-WM-Lauf für Opel.
Zum Modelljahr 1974 ist es Zeit für ein Facelift, die
gesamte Ascona-Baureihe wird aufgewertet. Die neu
gestaltete Frontpartie verfügt nun über einen schwarzen
Kunststoffkühlergrill mit großem Opel-Emblem, der den
Wagen breiter und „erwachsener“ erscheinen lässt. Die
Belüftung des Innenraums wird wie beim Manta durch
größere Düsen verbessert, Sicherheitsgurte gehören nun
zum Serienumfang. Eine Änderung zum Modelljahr 1975
betrifft die Motoren: Neue Abgasbestimmungen erfordern
einen bleiärmeren Kraftstoff. Als erster deutscher
Hersteller passt Opel seine Motoren der neuen Richtlinie
an. Die Leistungsdaten der Triebwerke ändern sich beim
1,6-Liter von bisher 68 PS in 60 PS, beim 1,6-Liter-S
von bisher 80 auf 75 PS, und der 1,9-Liter-Motor besitzt
statt 90 PS nun 88 PS.
Während Manta und Ascona aus der Opel Modelpalette schon
lange verschwunden sind, haben sie sich einen festen
Platz in den Herzen der Oldtimerfans erobert. Heute sind
laut Kraftfahrt-Bundesamt noch 937 Manta A und 540
Ascona A auf den deutschen Straßen zugelassen.