2005-10-19

35 Jahre Opel Manta A und Ascona A

Opel entwickelt zwei neue Nischenfahrzeuge zu Erfolgsmodellen

 

Rüsselsheim.  Schon vor 35 Jahren begann Opel seine Modellpalette weiter aufzufächern. Dieses Erfolgsrezept, aus anfänglichen Nischenprodukten erfolgreiche Volumenmodelle zu entwickeln, nutzt Opel bis heute mit Modellen wie Zafira oder Meriva. Bereits in der ersten Hälfte der siebziger Jahre zeigten Manta A und Ascona A, dass diese Strategie aufgeht: Sie wurden zusammen fast 1,2 Millionen Mal verkauft. Beide haben die gleiche Basis, der Manta als dynamisches Sportcoupé, der Ascona als komfortables Familienauto mit kom­pakten Außenmaßen.

 

Manta - Fisch sucht Fahrer

 

Es ist „Der Tag, an dem der Manta kommt“. Die Nähe zum Wasser ist gut gewählt: Das sportliche Coupé, dessen Flügelrochen-Emblem nach Fotos des Meeresforschers Jacques Costeau entworfen wurde, wird am 25. September 1970 im Hotel Maritim, Timmendorfer  Strand präsentiert. „Das Auto, das wir Ihnen heute vorstellen, stempelt kein anderes Modell zum alten Eisen, sondern gesellt sich zu unserem bisherigen Programm als wir­kungsvolle Ergänzung und zur Deckung eines neu entstandenen Bedarfs“, heißt es im Pressetext. „Das Pendel schlug mal ein bißchen mehr hin zum herkömmlichen Coupé, ein andermal ein bißchen zur Limousine. Wir glauben, daß es sich jetzt beim Manta in den richtigen Relationen eingependelt hat.“ Vorbild sind die populären „Pony Cars“ aus den USA: Ebenso formschöne wie familientaugliche Coupés auf Basis der Großserie. Der Manta baut mit einer völlig eigenständigen Karosserieform auf dem neuen Ascona auf, auch wenn dieser erst einen Monat später, im Oktober 1970, präsentiert wird.

 

Damit entspricht er den Erfordernissen des Marktes. Ende der 60er Jahre finden immer mehr junge und jung gebliebene Autokäufer Gefallen an attraktiven Coupés. Individua­lismus ist gefragt, die formal eigenständige Linie des Manta kommt diesem Wunsch entgegen. Schon im ersten Verkaufsjahr 1970 setzt Opel von dem in Bochum und Antwerpen gefertigten Fahrzeug 55.393 Einheiten ab. 

 

Bodengruppe und das für eine dynamische Gangart modifizierte Fahrwerk teilt sich der Manta mit dem Ascona, Modellpflegemaßnahmen und technische Neuerungen kommen beiden Fahrzeugen zugute. Basis ist wie beim Ascona der 1,6-Liter-Motor mit 68 PS. Darüber hinaus werden für das sportliche Manta „SR“-Modell ein 1,6-Liter-S-Motor mit80 PS und der aus dem Rekord stammende 1,9-Liter-S-Motor mit 90 PS angeboten.

 

Vielfalt – ein Auto für Alle

 

Den günstigsten Einstieg in die Manta-Baureihe markiert ab 1972 die 1,2-Liter-Version mit 60 PS, im November des gleichen Jahres ergänzt mit dem Manta „Berlinetta“ eine beson­ders reichhaltig ausgestattete Variante das Modell-Programm. Heizbare Heckscheibe, Halogen-Scheinwerfer, elektrische Scheibenwaschanlage, Vinyldach und Metallic-Lackierung gehören beim Berlinetta zum Serienumfang. Zahlreiche Sondermodelle halten in den fünf Jahren Bauzeit das Interesse am Manta wach: „Holiday“, „Plus“, „Swinger“ und „Sommer-Bazar“ kombinieren gehobene Ausstattungsmerkmale mit einem günstigen Preis.

 

Das Topmodell der Baureihe, der Manta GT/E, feiert im Herbst 1973 seine Premiere auf der IAA in Frankfurt. Sein Vierzylinder 1,9-Liter-Einspritzmotor mit Bosch LE-Jetronic leistet 105 PS. Damit ausgerüstet, verfügt der GT/E über ein Leistungsplus von 15 PS im Vergleich zum 1,9-Liter-S-Motor bei gleichzeitig um ein bis zwei Liter gesunkenem Benzindurst. Im Stil der Zeit verzichtet der Manta GT/E auf jeden Chromschmuck und spricht besonders sportlich ambitionierte Fahrer an.

Im Frühjahr 1975 erscheint das letzte Sondermodell: Der „Black Magic“ ist ganz in Schwarz lackiert und trägt rot-orange-farbene Zierstreifen auf den Flanken. Bis zur Ablösung durch den Manta B werden 498.553 Einheiten des Coupés gebaut.

 

Die neue Mittelklasse

 

Der Ascona A, das - laut der damaligen Pressemappe - „Auto der technischen Vernunft“, positioniert sich zwischen Kadett und Rekord. Bisher spielte die luxuriöse „Olympia“-Variante des Kadett B diese Rolle, nun kommt mit dem Ascona ein neu konstruiertes Mittelklasse-Fahrzeug auf den Markt, das einen größer werdenden Kundenkreis bedient. Der Ascona verfügt über die Motoren des Manta. Die Caravan-Version „Voyage“ ist der erste Lifestyle-Kombi eines deutschen Herstellers und seiner Zeit weit voraus. Im Vergleich zur Limousine bleibt der „Voyage“ ein Nischenprodukt. Dafür legt die Ascona-Limousine den Grundstein zum Erfolg der heutigen Vectra-Baureihe.

 

Der bis Juli 1975 exakt 691.438 mal gebaute Ascona A nutzt viele bewährte Komponenten von Kadett und Rekord. Die Vorderachse besitzt einzeln aufgehängte Räder mit Schrau­benfedern und Teleskopstoßdämpfern, die starre Hinterachse wird von zwei Längslenkern sowie einem Panhardstab geführt. Angeboten wird der Ascona als zwei- und viertürige Limousine in Normal- und Luxus-Ausführung. Der Motor mit 1584 ccm ist vom 1,7-Liter-Vierzylinderaggregat des Rekord abgeleitet. Als Triebwerk steht zuerst nur ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit 68 PS und eine höher verdichtete S-Variante mit 80 PS zur Verfügung. Wie die größeren Vierzylinder des Rekord verfügt der Ascona-Motor  über eine seitlich im Zylinderkopf angeordnete Nockenwelle, „camshaft in head“ (cih) genannt. Ab März 1972 wird der 1,2-Liter-S-Motor mit 60 PS aus dem Kadett B auch für den Ascona angeboten, um so ein kostengünstiges Einstiegs-Modell zu schaffen.

 

Voyage - Mehr Lust als Last

 

Eine vielbeachtete Neuheit im Modellprogramm ist der neuartige Ascona Voyage. Die zweitürige Kombi-Variante ist kein Transportfahrzeug im klassischen Sinn, sondern ein Freizeit-Mobil, mit Platz für Gummiboot und Fahrrad, ein Wagen für die junge Familie, ein Lifestyle-Caravan. Zeitgenössischer Pressetext: „Die heutige Reisefreudigkeit, die Camping-Bewegung, die Neigung zu sportlichen und oft transportabhängigen Hobbys wie Wassersport, Fischerei, Jagd verlangen nach einem Personenwagen mit großzügigen Raumverhältnissen und Transportkapazitäten. In Komfort und Wohnlichkeit darf aber der Personenwagen-Charakter keinesfalls getrübt werden. Den nach diesen Vorstellungen gebauten Wagen nennen wir Ascona Voyage.“ Mit Vinyl-Dach und Folie in „Edelholz­maserung“ an den Flanken kreiert Opel einen an die „Woody“-Wagons der 40er Jahre erinnernden Kombi, der mehr die Lust als die Last betont. Der Ascona Voyage wird nur als L-Version geliefert, erst 1974 wird der Voyage auch in einer weniger luxuriösen Caravan-Version angeboten werden.

 

SR – Das Zeug zum Sieger

 

Im Frühjahr 1971, zum Genfer Salon, werden der Ascona 1,9 S und der Ascona „SR“ vorgestellt. Motorisiert ist die SR-Variante mit dem 80 PS starken S-Triebwerk oder dem 1,9-Liter-Aggregat mit 90 PS. In Kombination mit den beiden stärkeren Motorisierungen gibt es gegen Aufpreis eine Dreigang-Automatik. Die SR-Ausstattung ist - ein Novum für das Segment der Kombifahrzeuge - auch für den dreitürigen Voyage lieferbar.

 

Mit der sportlichen Variante der zweitürigen Limousine gehen Walter Röhrl und Jochen Berger 1974 in der Rallye-Europameisterschaft an den Start. Der Ascona des Opel-Euro-Händler-Teams hat einen Vierzylinder-Motor, der nach dem Aufbohren auf zwei Liter Hubraum mit einem Aluminium-Crossflow-Zylinderkopf über 200 PS bei 6700 U/min-1 ab­gibt. Röhrl und Berger siegen bei sechs von acht Läufen und gewinnen überlegen die Rallye-Europameisterschaft und 1975 mit der Rallye Akropolis den ersten Rallye-WM-Lauf für Opel.

 

Zum Modelljahr 1974 ist es Zeit für ein Facelift, die gesamte Ascona-Baureihe wird aufgewertet. Die neu gestaltete Frontpartie verfügt nun über einen schwarzen Kunst­stoffkühlergrill mit großem Opel-Emblem, der den Wagen breiter und „erwachsener“ erscheinen lässt. Die Belüftung des Innenraums wird wie beim Manta durch größere Düsen verbessert, Sicherheitsgurte gehören nun zum Serienumfang. Eine Änderung zum Modell­jahr 1975 betrifft die Motoren: Neue Abgasbestimmungen erfordern einen bleiärmeren Kraftstoff. Als erster deutscher Hersteller passt Opel seine Motoren der neuen Richtlinie an. Die Leistungsdaten der Triebwerke ändern sich beim 1,6-Liter von bisher 68 PS in 60 PS, beim 1,6-Liter-S von bisher 80 auf 75 PS, und der 1,9-Liter-Motor besitzt statt 90 PS nun 88 PS.

 

Während Manta und Ascona aus der Opel Modelpalette schon lange verschwunden sind, haben sie sich einen festen Platz in den Herzen der Oldtimerfans erobert. Heute sind laut Kraftfahrt-Bundesamt noch 937 Manta A und 540 Ascona A auf den deutschen Straßen zugelassen.